BZ Thuner Tagblatt

Dienstag, 30. Juni 2020

Originalbeitrag: BZ Thuner Tagblatt


Pinke Tentakel auf der Aare

Marketingfachfrau Cordelia Hagi will mit einer mobilen Kunstinstallation testen, wie Bernerinnen und Berner auf Farbtupfer in ihrer Stadt reagieren.

Riesige Fabelwesen, die sich das Aareufer entlangschlängeln, und eine überdimensionale Bärskulptur, die mit den Pfoten ein Hotel umschlingt. Das war die Vision für die Aareschlaufe, die der Verein «delia 2015» präsentierte. Die Marketingfachfrau und Initiantin Cordelia Hagi, die selber nur Pink trägt, träumte gar von farbigen Gondelbahnen zur Münsterplattform. Ein gewagter Plan für ein Unesco-Weltkulturerbe.

Fünf Jahre später scheint Hagi auf dem Boden der Realität angekommen zu sein. Im Eichholz liegen 30 runde Gummiboote in der Morgensonne, alle pink mit je sieben Tentakeln. «Unsere Reglemente wie Denkmal- und Aareschutz sehen fixe Installationen nicht vor», sagt Vereinspräsident und Gemeinderat Reto Nause (CVP) in einer Ansprache.

Die Lösung von delia: die sogenannten Septipusse aus Gummi – eine mobile Kunstinstallation auf der Aare. «Wir hoffen, der Vision so ein Stück näherzukommen», so Nause. Für 150 Franken lassen sich die Boote beim Partner Aare Erlebnis in Uttigen mieten, nach dem Auswassern in Bern bringen die Vermieter alles Material wieder zurück.

 

Ein Testbetrieb

Neben Cordelia Hagi und der pink Gummibootmasse schert Nause farblich aus. Sein oranges T-Shirt sei aber kein politisches Statement, sagt er, sondern eine Erinnerung an die Europameisterschaft in Bern, eine Hommage an den Jahrhundertsommer. Weibelt er am heutigen Anlass auch für seine Wiederwahl in den Gemeinderat? «Ich bin seit 2015 im Verein dabei», verneint Nause. «Die Vision von farbigen Installationen fand ich immer faszinierend; die vergänglichen Boote sollen auf die grössere Idee hinweisen.»

Mit dem Projekt «Mehr Aare – Aare Meer» will Cordelia Hagi testen, ob die Grundidee des Vereins delia den Bernerinnen und Bernern gefällt. Sind die Feedbacks positiv und werden die Boote oft vermietet, will sie in kleinen Schritten weiter denken. Sollten die Rückmeldungen negativ sein, geht sie nochmals über die Bücher. Grundsätzlich optimistisch stimmen Cordelia Hagi die 20 Sponsoren, die sie bereits gefunden hat – darunter die Inselgruppe, Energie Wasser Bern oder der BSC Young Boys.

 

Ein Opfer der Reglemente

Visionen für die nächsten Schritte hätte Hagi genug. Sie träumt von einem kostenlosen Schwimmwestenverleih für Kinder, von einer Septipus-Bar oder einer quietschbunten Lounge beim Auswassern der Boote. Das Problem, immer mit dabei, sind die Reglemente, die allgemein nicht die Freunde von Cordelia Hagi sind.

So musste sie bereits vor einem Jahr ihr bisher grösstes Fabelwesen den Paragrafen und Artikeln opfern. Der Septipus stand ursprünglich als riesige Spielfigur samt Rutschbahn im Tentakel im Dählhölzliwald – heute ist der Zutritt für Kinder verboten. «Die Beratungsstelle für Unfallverhütung hat die Bestimmungen geändert», sagt Hagi. «Die Rutschbahn ist mittlerweile zu steil.»